Veröffentlicht: 10.11.08
Angewandte Chemie

Pestiziden geht es an den Kragen

ETH-Chemiker haben ein Verfahren entwickelt, um Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln zu erkennen – eine Methode, die auch für andere Bereiche interessant sein kann und Qualitätskontrollen am Laufmeter ermöglicht.

Saskia Wegmann
Macht die aufwändige Extraktion von Pestiziden in Obst- und Gemüseproben überflüssig: Die Atmosphärendruck- Glimmentladungs- Quelle ionisiert die Moleküle auf der Oberfläche von Fruchtschalen. (Bild: Zenobi Group)
Macht die aufwändige Extraktion von Pestiziden in Obst- und Gemüseproben überflüssig: Die Atmosphärendruck- Glimmentladungs- Quelle ionisiert die Moleküle auf der Oberfläche von Fruchtschalen. (Bild: Zenobi Group) (Grossbild)

Spätestens vor dem Gemüse- und Früchteregal im Supermarkt müssen sich die Kundinnen und die Kunden entscheiden: Kaufen sie Äpfel der Marke Granny Smith aus Normalproduktion oder doch lieber die Sorte Gala aus biologischem Anbau?

Entscheiden sie sich für Granny Smith aus nicht-biologischem Anbau, laufen sie Gefahr, beim Konsum derselben nicht nur wertvolle Vitamine, sondern auch schädliche Gifte zu sich zu nehmen. Um tierische Schädlinge zu bekämpfen, werden Früchte und Gemüse mit Pflanzenschutzmitteln bespritzt, weniger euphemistisch auch Pestizide genannt. Die Folge davon: in den Lebensmitteln verbleiben Pestizid-Rückstände, die die Konsumierenden über die Nahrung aufnehmen. Renato Zenobi, Professor für analytische Chemie am Laboratorium für organische Chemie und sein Doktorand Matthias Jecklin haben nun eine massenspektrometrische Methode entwickelt, die es ermöglicht, Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln schnell zu entdecken und zu klassifizieren.

Massenspektrometer analysiert giftige Substanzen

Bereits vor einem Jahr stellte die Gruppe ein auf der Massenspektrometrie basierendes Verfahren vor, mit dem die Oberfläche von beliebigen Objekten analysiert werden kann (vgl. ETH Life Artikel vom 7.9.2007). Auch im neuen Verfahren zur Bestimmung von Pestiziden kommt ein sogenanntes Quadrupol-Flugzeit-Massenspektrometer (QTOF-MS) zum Einsatz. Doch wie kommen die chemischen Verbindungen in das Massenspektrometer?

Normalerweise müssen die Pestizide in Obst- und Gemüseproben aufwändig extrahiert werden, bevor sie im Massenspektrometer analysiert werden. Um dieses zeitraubende Verfahren zu umgehen, baute Jecklin eine Atmosphärendruck-Glimmentladungs-Quelle (APGD-Quelle) – das ist eine elektrische Quelle, die unter Atmosphärendruck ein Plasma, ein ionisiertes Gas, erzeugt. Auf ein Stück Obstschale gerichtet, löst der Plasmastrom Moleküle von der Oberfläche der Schale ab – diese werden direkt in das Massenspektrometer geschleust. Die Ionen können dort mit Hilfe eines Kollisionsgases fragmentiert werden und erlauben den Forschern damit die Identifikation der chemischen Substanzen in einer Frucht.

Methode ermöglicht viele Anwendungen

„Mit dieser Methode kann man zwar chemische Verbindungen schneller und unkomplizierter bestimmen, um die identifizierte Menge zu quantifizieren, eignet sich das Verfahren aber noch nicht“, räumt Zenobi ein. Zurzeit könne das Verfahren zur Vorsondierung dienen – werden Pestizid-Rückstände in Obst und Gemüse gefunden, kann man die Menge der aufgefundenen Substanzen mit den herkömmlichen Methoden quantifizieren.


Nichtsdestotrotz ist die Methode zur Bestimmung von Pestizid-Rückständen in Obst und Gemüse vielversprechend. Zenobi und Jecklin schweben Qualitätskontrollen am Laufmeter vor: Verschiedene Proben von Lebensmitteln, die am Laufband vom Massenspektrometer analysiert werden. Ausserdem sei die Methode auch für forensische und medizinische Zwecke interessant, sagt Zenobi. So könnten etwa Drogen- oder Sprengstoffspuren auf Oberflächen ausgemacht oder menschlicher Schweiss und Atem analysiert werden – was helfen könnte, eine Krankheit rasch zu diagnostizieren.

 
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