Veröffentlicht: 27.05.09
Rollout Fokusprojekte

Fliegende Filmrollen und autonome Roboterfische

Am Dienstag enthüllten vier Studententeams des Departements Maschinenbau und Verfahrenstechnik die Produkte ihres einjährigen Fokusprojekts. Hunderte staunten in der Haupthalle über den Ideenreichtum und das technische Know-How der Jung-Ingenieure.

Samuel Schlaefli
Das «Formula Hybrid Team» enthüllt am Rollout der Fokusprojekte ihren Hybrid-Rennwagen Pegasus. (Bild: Samuel Schlaefli/ETH Zürich)
Das «Formula Hybrid Team» enthüllt am Rollout der Fokusprojekte ihren Hybrid-Rennwagen Pegasus. (Bild: Samuel Schlaefli/ETH Zürich) (Grossbild)

Dieser Tag dürfte für einige zukünftige ETH-Ingenieure unvergessen bleiben: Ein Jahr lang hatten Sie an ihren Fokusprojekten gefeilt, dabei immer wieder neue technische Probleme gelöst, Rückschläge erlitten und schliesslich Blut und Wasser geschwitzt, ob das entwickelte Objekt am Ende tatsächlich funktionieren werde. «Wir möchten uns auch bei unseren Freunden und Familien bedanken, die uns während des vergangenen Jahres nicht allzu viel gesehen haben», meinte denn auch einer der Jungingenieure während der Projektpräsentation.

Wie aus einer Fantasiegeschichte

Vier Teams stellten am vergangenen Dienstag ihre Projekte in der Haupthalle der ETH Zürich in 15-minütigen Präsentationen vor. Gleichzeitig wurden die Früchte der harten Arbeit unter dem Applaus der zahlreichen Zuschauer und in Kombination mit viel Kunstnebel enthüllt.

Als erstes wurde «Reely» enthüllt. Dabei handelt es sich um eine fliegende Kinofilmkassette, an deren Rändern auf Minibildschirmen Filme gezeigt werden. «Stellen Sie sich eine warme Sommernacht vor: Sie sitzen draussen mit Freunden zusammen und schlürfen einen kühlen Drink. Plötzlich taucht eine Filmrolle im nächtlichen Himmel auf und zeigt witzige Filme. Wäre das nicht verrückt?», fragt das Team auf seiner Homepage. Mit vier kleinen, versteckten Flugrotoren und 24 Gigabite Speicherplatz in einer Konstruktion von insgesamt circa 1.5 Kilogramm Gewicht, haben sich die Studenten diesen «verrrückten» Traum erfüllt – die Kassette fliegt, wie man sich am Dienstag vor Ort versichern konnte.

Ebenfalls der Fantasiewelt entsprungen wirkte das Projekt «Naro». Die Studenten hatten dem Thunfisch seine Flossenbewegungen abgeschaut und daraus hervorgehend einen Fischroboter entwickelt. Dieser soll einst für die maritime Forschung, für Unterwasser-Filmaufnahmen und auch zur reinen Unterhaltung genutzt werden. In einem kurzen Film, der während der Präsentation gezeigt wurde, waren die neun Teammitglieder mit ihrem Fisch, der über Drähte mit allerlei Computern verbunden war, in einem nächtlichen Hallenbad zu sehen. Die ersten Schwimmversuche des Roboters wirkten noch relativ unkontrolliert. Doch die Freude des Teams muss unbeschreiblich gewesen sein, als der Roboter erstmals graziös und vollständig autonom durchs Wasser glitt.

Gewappnet für internationale Wettbewerbe

Ebenfalls mit Wasser setzte sich das Projekt «Avalon» auseinander. Das Team und ihre autonome Segeljacht hatten im Vorfeld des Rollout schon viel Beachtung in den Medien gefunden. «Avalon» ist ein vier Meter langes, unbemanntes Segelboot, das absolut selbstständig jeden beliebigen Punkt erreichen kann. Dabei wird das Schiff allein vom Wind angetrieben und den benötigten Strom erzeugt es mit Hilfe von Solarzellen. Dadurch ist es völlig energieautark und kann so prinzipiell für unbegrenzte Zeit ohne Zugriff von aussen operieren. Das achtköpfige Studententeam wird mit dem Boot im Rahmen der Microtransat Challenge im Herbst 2009 den Atlantik überqueren. Ziel wird es sein, das Roboterboot ganz ohne menschlichen Eingriff von der Küste Irlands in die Karibik segeln zu lassen und sich gegen elf weitere Teams aus Europa und Nordamerika durchzusetzen.

Das vierte Team strebt mit seinem Projekt ebenfalls einen Platz auf dem Siegerpodest eines internationalen Wettbewerbs an. Mit dem Hybrid-Rennwagen Pegasus wird das «Formula Hybrid Team» am Formula-Student-Hybrid-Rennen vom 16. bis 19. Juli in Silverstone (UK) an den Start gehen. 22 Studenten waren in die Planung, die Entwicklung und den Bau des Autos involviert. Wichtigstes Kriterium war dabei nicht die Geschwindigkeit, sondern die Nachhaltigkeit des Fahrzeugs. Deshalb entwickelten die Macher einen höchst effizienten Hybridantrieb, der sowohl auf einen Verbrennungsmotor und einen Elektromotor zurückgreift. Mit einem Gesamtgewicht von rund 400 Kilogramm und 130 PS beschleunigt der Pegasus in 3.7 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde. Vom Chassis bis zur Boardelektronik hat das Team alles selbständig gefertigt und montiert.

Die Professoren Roland Siegwart und Lino Guzzella vom Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik, welche die Studierenden während der Fokusprojekte betreut hatten, betonten in ihrer Eröffnungsrede die Relevanz dieser praktischen Arbeiten für das Ingenieurstudium. In dieser Zeit würden die Studenten lernen, praxisorientiert zu arbeiten und könnten zudem wichtige Kontakte zur Industrie knüpfen – dies komme auch bei den Jungen gut an. Anscheinend hat sich das herumgesprochen: Das Maschinenbaustudium erfreue sich momentan eines grossen Zulaufs, sagte Guzzella.

Avalon in ETH Life

Fokusprojekt

In Fokusprojekten wenden Studierende des Departements Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich das Gelernte konkret an und entwickeln selbständig ein Produkt. Ausgehend von einer marktorientierten Problemstellung durchschreiten die Teams alle Prozesse der Produktentwicklung realitätsnah: Marketing, Konzeption, Design, Engineering, Simulation, Entwurf und Produktion. Das erforderliche Wissen wird durch Selbststudium, Besuch von Lehrveranstaltungen und Gespräche mit den Professuren erworben. Neben den technischen Herausforderungen stehen vor allem auch die Teamorganisation, das Arbeiten in Teams und die Steigerung der sozialen Kompetenz im Zentrum des Projekts.

 
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