Veröffentlicht: 28.05.09
Klima

Dürren zuverlässiger voraussagen

Mit neuen Daten und Rekonstruktionen der «Dust Bowl»-Dürre in Amerika in den 1930er Jahren zeigen Klimawissenschaftler der ETH erstmals ein dreidimensionales Bild der atmosphärischen Zirkulation, die zur Dürre führte. Damit können Klimamodelle gemessen und weiter verfeinert werden. Die Wissenschaftler erhoffen sich dadurch, zukünftige Dürreperioden besser vorhersagen zu können.

Simone Ulmer
Der Ort Stratford in Texas wird am 18. April 1935 von einer Staublawine überrollt. Ein Ereignis, das während der «Dust-Bowl»-Dürre häufig war. (Bild: NOAA George E. Marsh Album)
Der Ort Stratford in Texas wird am 18. April 1935 von einer Staublawine überrollt. Ein Ereignis, das während der «Dust-Bowl»-Dürre häufig war. (Bild: NOAA George E. Marsh Album) (Grossbild)

In den 1930er Jahren suchte eine fast zehn Jahre dauernde Dürre den Mittleren Westen Nordamerikas heim. Die damit einhergehenden enormen Staubstürme gaben der sogenannten «Dust Bowl»-Dürre ihren Namen. Diese hatte verheerende sozioökonomische Folgen und war für Amerika einschneidend. Die tragische Geschichte der durch die damalige Wirtschaftskrise zudem verarmten Farmer verewigte John Steinbeck in seinem Roman «Früchte des Zorns». Auch die legendäre «Route66», auf der die Farmer in Richtung Kalifornien flohen, wurde unter anderem durch die «Dust Bowl» berühmt.

Digitalisierte historische Daten verbessern Modell

«Dust Bowl» beschäftigte Wissenschaftler über Jahrzehnte, und bis anhin wurden die Mechanismen, die zur ungewöhnlich langen Dürreperiode führten, nicht vollständig verstanden, da Informationen über die atmosphärische Zirkulation fehlten.

Stefan Brönnimann, Professor am Institut für Klima und Atmosphäre an der ETH Zürich, und sein Team, haben nun die dreidimensionale Zirkulation während der «Dust Bowl»-Dürre anhand historischer Daten rekonstruiert und analysiert. Bereits damals wurden nämlich Wind- und Temperaturmessungen mit Ballonen und Flugzeugen vorgenommen, anfangs bis in drei bis acht Kilometern Höhe, später weit höher. Diese Daten wurden jetzt im Rahmen eines US-amerikanischen Projektes und eines Projektes des Schweizerischen Nationalfonds digitalisiert. Darauf aufbauend rekonstruierte das Team von Brönnimann mit statistischen Methoden die grossräumige Zirkulation bis in 15 Kilometern Höhe.

Aufgrund von Computermodellen vermuteten Forscher bis anhin, dass ungewöhnliche Ozeantemperaturen im Pazifik und Atlantik die Windsysteme verändert hätten und dadurch die Dürre auslösten. Die absterbende Vegetation, ausgetrocknete Böden und der aufgewirbelte Staub könnten die Dürre noch weiter verstärkt haben. Allerdings, so Brönnimann, konnten Beobachtung diese auf Modellsimulationen beruhenden Hypothesen bisher nur ungenügend bestätigen.

Ungewöhnlich kalter Pazifik

In ihrer Studie legten die Wissenschaftler den Fokus auf drei bekannte Zirkulationsmuster, welche die wesentlichen Windverhältnisse von der regionalen bis zur grossräumigen Skala beschreiben. Anhand der neuen Daten gelang es ihnen zu zeigen, dass eine bestimmte Windströmung, der sogenannte Great Plains Low-Level Jet, zur Zeit der «Dust Bowl» flacher verlief. Dieser Luftstrom trägt normalerweise feuchte Luft vom tropischen Atlantik weit in das etwa zwei Millionen Quadratkilometer grosse Gebiet östlich der Rocky Mountains hinein. Zudem drang der Jet weniger weit nach Norden vor, da er vorzeitig in östlicher Richtung abgelenkt wurde.

Die Ursache sehen die Forscher in einem Hochdrucksystem, das sich über der Ebene festsetzte und mit einer ungewöhnlichen Höhenströmung zusammenhing, die sich vom Pazifik über Nordamerika bis in den Atlantik erstreckte. «Diese Merkmale stimmen insgesamt gut mit den Strömungsverhältnissen überein, die Klimamodelle als Folge eines kalten Pazifiks mit einem warmen Atlantik vorhersagen», erklärt Brönnimann. Da die Temperaturen der tropischen Ozeane zu einem gewissen Grad vorhersagbar sind, sehen die Wissenschaftler eine Chance, auch Dürreperioden voraussagen zu können. Allerdings zeige die Studie auch noch bestehende Unzulänglichkeiten der Modelle: So würden sie die räumliche Veränderung des Low Level Jets meist nicht richtig wiedergeben, und die Dürre sei in vielen Modellen zu weit im Süden lokalisiert.

Die neue Studie von Brönnimann und seinem Team wurde in der renommierten Fachzeitschrift «Geophysical Research Letters» veröffentlicht und von der American Geophysical Union als «Journal Highlight» ausgewählt.

Literaturhinweis:

Brönnimann S et al.: Exceptional atmospheric circulation during the «Dust Bowl», Geophysical Research Letters (2009), 36, L08802, doi:10.1029/2009GL037612