Veröffentlicht: 02.10.09
Buchbesprechung

Die Theorie, die Einstein verabscheute

Das Universum dehnt sich aus – das akzeptierte schliesslich auch Albert Einstein, der sich jahrelang dagegen gesträubt hatte. Wie Astronomen vom Weltbild einer Sphäre um die Erde zum expandierenden Universum gelangt sind, zeigen ETH-Emeritus Harry Nussbaumer und Lydia Bieri in ihrem neuen Buch.

Niklaus Salzmann
Keplers Universum aus «Mysterium Cosmographicum», 1596: Die Sonne steht im Zentrum, die Planeten bewegen sich auf eigenen Schalen. (Bild: ETH-Bibliothek, Sammlung Alte Drucke)
Keplers Universum aus «Mysterium Cosmographicum», 1596: Die Sonne steht im Zentrum, die Planeten bewegen sich auf eigenen Schalen. (Bild: ETH-Bibliothek, Sammlung Alte Drucke) (Grossbild)

Kaum jemand kennt noch den Namen von Kardinal Cusanus – dabei lag er in seiner Beschreibung des Universums näher an den heutigen Vorstellungen, als über hundert Jahre später Nikolaus Kopernikus mit seinem heliozentrischen Weltbild. Bereits im Jahr 1440 hatte Cusanus in einem Buch das Universum beschrieben, und darin stand die Erde nicht im Zentrum. Die Begründung war allerdings mehr theologisch als wissenschaftlich: Gott ist das Zentrum des Universums, und Gott ist überall – folglich ist das Universum unbegrenzt und hat kein räumliches Zentrum.

«Discovering the Expanding Universe» («Entdeckung des expandierenden Universums») lautet der Titel des neuen Buchs von Harry Nussbaumer, emeritierter Professor des Instituts für Astronomie der ETH Zürich, und Lydia Bieri, Assistenzprofessorin am Departement Mathematik der Harvard University.

Abscheuliche Theorie

Beginnend mit dem späten Mittelalter beschreiben sie, wie sich die Astronomen von religiösen Erklärungen lösten und sich über Fortschritte in Experiment und Theorie der heutigen Vorstellung des Universums annäherten. Der Schwerpunkt des Buchs legen die Autoren auf die Jahre 1917, als Albert Einstein die moderne Kosmologie begründete, bis 1931, als er die Vorstellung eines expandierenden Universums akzeptierte – zuvor hatte er sie als «abominable» (abscheulich) bezeichnet. Nussbaumer und Bieri beschreiben, welche wissenschaftlichen Beiträge Physiker wie Einstein, Edwin Hubble, Georges Lemaître und Willem de Sitter geleistet haben, aber auch, welche Konflikte dabei zwischen einzelnen von ihnen entstanden sind und wie sie sich wieder lösten.

Das Ur-Atom

Mit der Erkenntnis, dass sich das Universum ausdehnt, stellte sich auch die Frage nach seinem Ursprung. Lemaître beispielsweise stellte die Theorie auf, dass sich das Universum aus einem einzigen, äusserst komplexen Atom gebildet habe, das analog zu radioaktiven Atomen in kleinere Atome zerfallen sei. Er hatte damit den Grundgedanken des Urknalls formuliert. Und, wie Kardinal Cusanus ein halbes Jahrtausend früher, hatte er kein Problem damit, seine revolutionären Gedanken mit der christlichen Religion zu vereinbaren – Lemaître war Priester.

Die Mathematik steht im Anhang

Die Autoren verzichten im Lauftext ihres Buches weitgehend auf Formeln und haben das Buch stattdessen mit einem mathematischen Anhang versehen. Die Passage, wo die Krümmung des Raums erklärt wird, kann gemäss Autoren explizit übersprungen werden. Trotzdem sind Vorkenntnisse in Physik für die Lektüre von Vorteil, da Begriffe wie «radial velocity» oder «singularity» vorausgesetzt werden. Das Buch wird illustriert durch historische Abbildungen (zum Teil aus dem Archiv der ETH-Bibliothek), Fotos und Grafiken, leider nur schwarz-weiss.

Literaturhinweis:

Harry Nussbaumer und Lydia Bieri: Discovering the Expanding Universe. Cambridge University Press 2009. ISBN 978-0-521-51484-2. Gebunden, 244 Seiten. Ca. 77 Fr. Englisch.

Verlosung

ETH Life verlost drei Exemplare des Buches unter jenen Lesern, welche die folgende Frage korrekt beantworten:

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Wieviele Protonen enthält das Universum gemäss der Schätzung des Physikers Arthur Stanley Eddington? *

mit "*" gekennzeichnete Felder müssen ausgefüllt werden.

Ihre Teilnahme muss bis am 9. Oktober 2009 bei uns eintreffen. Die Gewinner werden per E-Mail oder Telefon benachrichtigt, über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt.

Die ersten 25 Leserinnen und Leser, die das Buch bis am 16. Oktober 2009 bei der Polybuchhandlung kaufen, erhalten 10% Rabatt.

 
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