Veröffentlicht: 02.06.10
Campus

Happening der Jungingenieure

Am Freitag enthüllten fünf Studenten-Teams des Departements Maschinenbau und Verfahrenstechnik die Prototypen ihres einjährigen Fokusprojekts. Die jährliche Präsentation in der Haupthalle der ETH ist ein perfekt inszeniertes Grossereignis, das Hunderte Zuschauer anlockt - und begeistert.

Christine Heidemann
Gruppenbild mit Roboter: Die diesjährigen Fokusprojekt-Teilnehmer vor dem Ballbot «Rezero». (Bild: Thomas Baumgartner / ETH Zürich)
Gruppenbild mit Roboter: Die diesjährigen Fokusprojekt-Teilnehmer vor dem Ballbot «Rezero». (Bild: Thomas Baumgartner / ETH Zürich) (Grossbild)

Schon lange vor Beginn der Veranstaltung vibriert die Haupthalle der ETH. An den Ständen der fünf Projekt-Teams drängeln sich Studierende, Dozierende, Sponsoren und sonstige interessierte Besucher. Mittendrin ragt das Segel eines Tragflügelboots aus der Menge. Und auf der Bühne warten unter rotem und weissem Tuch versteckt ein rein elektrisch betriebener Rennwagen, eine fliegende Drohne und ein balancierender Roboter auf ihre Enthüllung.

Spannend wie bei James Bond

Es ist der Tag der Fokusprojekte. Innerhalb dieser einjährigen Projekte entwickeln Studierende des fünften und sechsten Semesters aus dem Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik im Team selbstständig ein Produkt: Von der Idee, über den Entwurf und die Produktion bis hin zum Marketing – und mit leidenschaftlicher Begeisterung, die sich im «Rollout» von der ersten Minute an auf die Zuschauer überträgt. Denn was die Jungingenieure auf der Bühne und in ihren selbstgestalteten Videos präsentieren, ist nicht nur höchst professionell, sondern so spannend und ideenreich wie ein James Bond-Film.

Gleich zu Anfang donnert eine Lawine auf dem eingespielten Video in die Tiefe. Kurz darauf ist klar: Es gibt Verschüttete, die dringend geortet werden müssen. Die Spannung steigt, von dramatischer Musik untermalt. Schnitt. Jetzt kommen die Studierenden des Teams «alcedo» ins Bild. In ihrem Fokusprojekt haben sie eine fliegende Drohne entwickelt, die vollautomatisch die Position von Verschütteten markiert. Und tatsächlich: In dem fingierten Film findet die Drohne die Gesuchten, die Bergung glückt – unter dem Applaus des Publikums.

Als nächstes kommt das Team «HyRaii» auf die Bühne. Ihr Werk ist ein Tragflügelsegelboot, das wie ein Flugzeug in der Luft auf dem Wasser fliegt. Auch hier demonstriert ein Video, wie viel Kreativität, technisches Know-How, aber auch Arbeit in den Fokusprojekten steckt. «HyRaii»-Teamsprecher Daniel Dörig spricht wohl für alle Teams, indem er von den «immensen Stunden» erzählt, die in Konzepten, Berechnungen und Simulationen stecken. Von den Rückschlägen und den Entbehrungen. Aber auch vom Stolz, der in den Augen aller Beteiligten während der ganzen Veranstaltung deutlich auszumachen ist. Und immer wieder gilt der Dank der jeweiligen Teamsprecher den Sponsoren, den Dozenten und vor allem den Freunden und Freundinnen, «die in diesem Jahr wenig von uns gehabt haben, aber die grösste Stütze waren».

Geldpreise für den Weg zum Ziel

Doch die Mühe hat sich in jeder Hinsicht gelohnt – und für zwei Teams sogar in barer Münze ausgezahlt. So konnte das Team «HyRaii» am Ende der Veranstaltung einen der zwei von Siemens PLM gestifteten Geldpreise mit nach Hause nehmen. Für den zweiten Platz erhielten die Studierenden 700 Schweizer Franken.

Den mit 1300 Franken dotierten ersten Platz belegte das Team «Rezero». Es begeisterte das Publikum mit einem auf einer Kugel balancierenden Roboter - einem Ballbot, den ETH-Maschinenbaustudenten gemeinsam mit Studierenden der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften und der Zürcher Hochschule für Künste entwickelt haben. Auch das ist ein Merkmal der Fokusprojekte: Die fächer- und hochschulübergreifende Zusammenarbeit.

Von dem überall spürenden Engagement zeigte sich auch Roland Siegwart beeindruckt. Für den ETH-Vizepräsidenten Forschung und «Miterfinder» der Fokusprojekte gehört das Rollout mit zu den aufregendsten Ereignissen an der ETH. «Es ist verblüffend, wenn man sieht, was die jungen Leute in einem Jahr erreichen.»

Auch die nicht ausgezeichneten Studierendenprojekte hielten das Publikum in Atem. Sei es das Projekt «HERMES», dessen Mitarbeiter einen eher forschungsorientierten Ansatz verfolgen, indem sie den Antriebsstrang aus dem Hybrid-Rennwagen «Pegasus», einem letztjährigen Fokusprojekt, weiterentwickelten und optimierten. Oder das rein elektrisch betriebene Formula-Student-Fahrzeug «furka», ein von den Studierenden konstruierter kleiner Rennwagen, der mit gerade einmal 220 Kilogramm Gewicht in dreieinhalb Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt. Das Team hat dieses Jahr noch einiges vor: Sie wollen in vier Rennen, unter anderem in Silverstone und Hockenheim, der studentischen Verbrenner-Konkurrenz mit ihrem Elektro-Boliden davonbrausen.

Fokusprojekt

In Fokusprojekten wenden Studierende des Departements Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich das Gelernte konkret an und entwickeln selbständig ein Produkt. Ausgehend von einer marktorientierten Problemstellung durchschreiten die Teams alle Prozesse der Produktentwicklung realitätsnah: Marketing, Konzeption, Design, Engineering, Simulation, Entwurf und Produktion. Das erforderliche Wissen wird durch Selbststudium, Besuch von Lehrveranstaltungen und Gespräche mit den Professuren erworben. Neben den technischen Herausforderungen stehen vor allem auch die Teamorganisation, das Arbeiten in Teams und die Steigerung der sozialen Kompetenz im Zentrum des Projekts.

 
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