Veröffentlicht: 29.03.12
Globetrotter

Mit der «Sonne» auf Kurs

Michael Strasser & Dominik Dinten
Dominik Dinten und Michael Strasser auf dem Forschungsschiff Sonne (Foto: H. Fink)
Dominik Dinten und Michael Strasser auf dem Forschungsschiff Sonne (Foto: H. Fink) (Grossbild)

Logbuch-Eintrag, Position: 38⁰N 7.644 / 143⁰W 32.0: Am Samstagmorgen haben wir den Hafen in Yokohama verlassen und sind von dort in nördlicher Richtung ins Arbeitsgebiet vor der Küste Sendai im Nordosten der Insel Honshu gefahren. Den anderthalbtägigen Transit nutzen wir dafür, die Labore einzurichten, damit wir für die sedimentologischen, geotechnischen und geochemischen Untersuchungen der ersten Sedimentproben vom Meeresboden gerüstet sind. Das Schwerelot, ein – im heutigen Fall – neun Meter langes Stahlrohr mit zwei Tonnen Gewicht, wird gerade zu Wasser gelassen. Innen enthält das Stahlrohr ein Plastikrohr, das den Sedimentkern ummantelt, der aus dem Meerboden gezogen wird. Es wird etwa zwei Stunden dauern, bis das Schwerelot in 3700 Meter Wassertiefe einen Sedimentkern aus dem Meeresboden ausstanzen wird und dieser dann zurück an Deck kommt.

Die in den vergangenen zwei Wochen durchgeführte detaillierte Vermessung des Meeresbodens mit dem in dem Forschungsschiff «Sonne» eingebauten Fächerecholot-System hat bestätigt, was die verschiedenen seismologischen und geophysikalischen Untersuchungen der japanischen Kollegen bereits andeuteten. Eine Untersuchung japanischer Forscher, die vergangenen Dezember in Science publiziert wurde, zeigt, dass sich der Ozeanboden vor der japanischen Küste mindestens 50 Meter über die pazifische Platte in Richtung Südosten geschoben hat. Zu diesem Schluss kamen die Wissenschaftler durch den Vergleich mit Messungen, die in den Jahren 1999 und 2004 in der Region durchgeführt wurden. Durch diese Verschiebung wurde dann auch der verheerende Tsunami generiert, durch den vermutlich bis zu 20'000 Menschen das Leben verloren.

Auch die Tauchgänge mit dem ferngesteuerten Unterwasser-Roboter (ROV-remotly operated vehicle), der vom Forschungsschiff Sonne aus eingesetzt wurde, haben bereits letzte Woche erstaunliche Aufnahmen eines am Meeresboden installierten Observations-Systems geliefert. Die Beobachtungsstation ist auf einer Trichter-ähnlichen Konstruktion installiert und mit Messinstrumenten – wie Verformungs- und Drucksensoren – verbunden, die sich in einem 1000 Meter tiefen Bohrloch im Meeresboden befinden. Die ROV-Tauchgänge zeigen, dass das Observations-System auf dem Trichter um rund einen halben Meter abgeschert ist. Ein eindrückliches Zeichen verhehrender Kräfte, die vermutlich auf das Erdbeben vor einem Jahr zurückzuführen sind.

Gespannt warten wir nun darauf, dass der Schwerelotkern mit Proben des Meeresbodens zurück an Deck kommt. Aus den Sedimenten können wir die Geschichte des Erdbebens «lesen». Unsere Arbeitshypothese für die erste Kernstation ist, dass es während des Erdbebens zu grossen Deformationen und Umlagerungen der Sedimente am Meeresboden gekommen ist. Das möchten wir nun durch die genaue Analyse des Sedimentkerns nachweisen.

Die Autoren:

ETH-Professor Michael Strasser und sein Masterstudent Dominik Dinten nehmen für zwei Wochen an einer Expedition vor der Küste Japans teil. Von dem Deutschen Forschungsschiff «Sonne» berichten sie für ETH Life von ihrer Arbeit und ihren Erlebnissen an Bord. Strasser war bereits zuvor an Forschungsfahrten vor der Küste Japans beteiligt (siehe ETH Life vom 7.01.2012).

 
Leserkommentare: