Veröffentlicht: 23.05.12
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Climate-KIC-Innovationsprojekte mit ETH-Forschern gestartet

Anfang April starteten drei Climate-KIC-Innovationsprojekte. Obwohl ihre Ansätze verschieden sind, haben sie alle ein Ziel: Forschungs- und Praxispartner entwickeln gemeinsam klimafreundliche Innovationen.

Rebecca Wyss
Climate KIC-Projekte entwickeln Konzepte und Technologien, die den Klimawandel bremsen helfen (Bild: Josef Kuster / ETH Zürich).
Climate KIC-Projekte entwickeln Konzepte und Technologien, die den Klimawandel bremsen helfen (Bild: Josef Kuster / ETH Zürich). (Grossbild)

Vor etwas mehr als zwei Jahren gab das Europäische Institut für Innovation und Technologie (EIT) dem EU-Förderprogramm Climate-KIC grünes Licht, Innovationen im Klimabereich zu entwickeln. Neben der ETH mit im Boot sind weitere europäische Hochschulen, Wirtschaftspartner, Vertreter der öffentlichen Hand sowie ein Verbund verschiedener Regionen. Nun fiel Anfang April der Startschuss für die ersten drei Innovationsprojekte mit Beteiligung der ETH Zürich.

Jeder ist ein Energiesparer

Mit dem Projekt «Visualisation of Energy Efficiency Performance and User Behaviour» soll der Wärmeverbrauch in privaten Haushalten gesenkt werden. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Raumheizung und die Warmwassernutzung. Oft wird unnötig stark geheizt, gelüftet oder zu viel warmes Wasser verbraucht. Das treibt den Energieverbrauch in die Höhe. Soll sich dies ändern, muss man bei jedem einzelnen Bewohner ansetzen, wie Thorsten Staake von Sense4En sagt: «Wir möchten dazu motivieren, Energie bewusst und sparsam zu nutzen.» Laut Staake wissen viele Leute zu wenig über ihren ökologischen Fussabdruck.

Dies will Staakes interdisziplinäres Team in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin ändern. So arbeiten Informatik- und Elektrotechnik-Forscher an Methoden, um Verbrauchsdaten in grossem Umfang und zu geringen Kosten zu erfassen. Von diesen Messungen lassen sich konkrete Verhaltensmuster ableiten, die wiederum konkrete Energiespartipps und -anreize ermöglichen. Daneben erarbeitet die Verhaltenspsychologie spielerische und wirkungsvolle Anreizkonzepte. Erste Ideen gibt es bereits: Etwa eine intelligente Anzeige des Wasserverbrauchs in der Dusche, die ein gewünschtes Verhalten in einem Haushalt fördern soll. Entsprechende Geräte werden zusammen mit dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) und dem ETH-Spin-off Amphiro erprobt und können helfen, die Wirkung der jeweiligen Anreizkonzepte zu verbessern.

Arbeitgeber motivieren ihre Angestellten

Das zweite von Climate-KIC mitfinanzierte Projekt ist Off4Firms. Es wurde von der ETH-Professorin Renate Schubert und ihrem Team initiiert und hat sich ebenfalls der Reduktion des Energieverbrauchs verschrieben. Aber nicht nur: «Wir möchten die Menschen auch dazu motivieren, dass sie weniger CO2 verursachen», sagt Projektkoordinatorin Katja Halbritter.

Dabei geht das Projekt neue Wege. Heute versuchen Staaten das Energieverhalten ihrer Bürger über Vorschriften, Steuern und Subventionen zu lenken. Bisher blieben die Energie- und CO2-Einsparungen jedoch weit unter der Zielmarke. Das Climate-KIC-Projekt setzt nun nicht bei den einzelnen Haushalten, sondern bei deren Arbeitgebern an. Diese können durch firmeninterne Mittel ihren Mitarbeitenden den Kauf von Elektrovelos, Hybridautos oder Wärmepumpen ermöglichen. Dabei geht Off4Firms davon aus, dass soziale Strukturen wie Kontakte zwischen Arbeitskollegen in Firmen zu einer grösseren Veränderung des Verhaltens führen als staatliche Massnahmen. Vorteile für die Unternehmen sind Reputationsgewinne sowie die Möglichkeit, sich die Energie- und CO2-Einsparungen ihrer Mitarbeiter auf verpflichtende Reduktionsziele anrechnen zu lassen.

Im Projekt Off4Firms soll erforscht werden, welche Massnahmen von den Mitarbeitenden akzeptiert würden, was an Einsparungen tatsächlich erreichbar ist, wie teuer die Massnahmen für die Firmen sind und wie gemessen werden kann, wie viel Energie bzw. CO2 jemand einspart. Off4Firms arbeitet dazu ebenfalls mit dem EWZ, einem Rückversicherungsunternehmen, dem ehemaligen ETH-Spin-off und Climate-KIC-Partner South Pole Carbon sowie einem Team von Verhaltensökonomen der holländischen Universität Wageningen zusammen.

CO2-Ausstoss der Städte verringern

Die Reduktion des CO2-Austosses auf einer höheren Ebene hat sich das dritte Climate-KIC-Projekt zum Ziel gesetzt: Smart Urban Adapt fokussiert sich auf die Städte. Immer mehr Städte schreiben sich grosse Energieziele auf die Fahne, wie Zürich mit der Vision einer 2000-Watt-Gesellschaft. Diese zu erreichen, ist keine leichte Aufgabe. Die Städte verfügen zwar heute bereits über Informationen über die Schadstoffbelastung, die örtliche Klimaerwärmung und den Energieverbrauch, jedoch fehlt es bislang an einer Verbindung dieser Informationen zu einem ganzheitlichen Stadtmodell.

Hier kommt Smart Urban Adapt ins Spiel. Die Forscher der ETH Zürich und des Londoner Imperial Colleges entwickeln zusammen mit Partnern aus der Privatwirtschaft eine Art geografische 3-D-Karte, auf der das örtliche Klima, die Verkehrs- und die Flächennutzung sowie Topographien eingetragen sind. Erhoben werden die Daten über Klimamessungen oder Messungen von Verkehrs- und Personenströmen. Dank diesem 3-D-Modell lassen sich durch verschiedene Szenarien die Wirkung von Massnahmen zur Erreichung der gesetzten Ziele in 20 Jahren und länger simulieren. Laut Projektleiter Jan Halatsch will Smart Urban Adapt damit «den Städten helfen, die selbst gesetzten Ziele und die Massnahmen dazu durchzuspielen». 

Mehr Städte sollen mitmachen

Ein Ziel des Projekts ist es zudem, dass die Nutzer interaktiv die Karte durch neue Parameter ergänzen können. So können die Städte nicht nur langfristig planen, sondern auch auf sie zugeschnittene Szenarien durchspielen.

Bislang sind Zürich und London bei Smart Urban Adapt dabei. Nach dem Ende der Climate-KIC-Pilotphase 2014 sollen weitere Städte hinzukommen. Auch Visualization of Energy Efficiency Performance and User Behaviour und Off4Firms hoffen in Zukunft auf weitere grosse Energieunternehmen oder grosse Arbeitgeber, die sie ins Boot holen können. Schliesslich soll mit den Produkten die breite Masse erreicht werden. Nur so helfen sie mit, das übergeordnete Ziel des EU-Förderprogramms Climate-KIC zu erreichen: Die Verlangsamung des Klimawandels.

Initiative Climate-KIC

Das Schweizer Climate-KIC-Koordinationsbüro mit Sitz an der ETH Zürich ist eines von fünf Koordinationsbüros des EU-Förderprogramms Climate-KIC, einer Initiative des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (EIT). Jedes Koordinationsbüro arbeitet mit einem Netzwerk aus Forschern, Unternehmern und Vertretern der öffentlichen Hand zusammen. Diese Netzwerke sollen Konzepte und Technologien entwickeln, die helfen der Klimaerwärmung entgegenzuwirken oder sich an den gegenwärtigen Wandel anzupassen. Voraussetzung für alle Projekte ist, dass sie einen positiven Effekt auf das Klima haben und über ein grosses Innovations- und Marktpotential verfügen. Die enge Kooperation ermöglicht Climate-KIC Partnern den Zugriff auf Know-how, Fördermittel und ein grosses europäisches Netzwerk. Vier Themenfelder stehen im Fokus: Wasser und Energie, Raumplanung und Landnutzung, Einschätzung der Klimaänderung und Management ihrer Einflussfaktoren sowie Städte und urbane Entwicklung.

 
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