Veröffentlicht: 07.05.13
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Start der Tiefengeothermie-Forschung

Die ETH Zürich erhält von der Werner Siemens-Stiftung zehn Millionen Schweizer Franken für den Aufbau einer Professur für Tiefengeothermie. Damit kann die ETH ihre Initiative für diese vielversprechende Energietechnologie wunschgemäss rasch starten.

Peter Rüegg
Bohrturm eines Tiefengeothermie-Projekts in Frankreich: Die ETH Zürich treibt Forschung und Entwicklung dieser vielversprechenden Form der Energie- und Wärmeerzeugung mit einer neuen Professur voran. (Bild: Alain Bachellier / flickr.com)
Bohrturm eines Tiefengeothermie-Projekts in Frankreich: Die ETH Zürich treibt Forschung und Entwicklung dieser vielversprechenden Form der Energie- und Wärmeerzeugung mit einer neuen Professur voran. (Bild: Alain Bachellier / flickr.com) (Grossbild)

Die Tiefengeothermie gilt als aussichtsreiche Technologie, mit deren Hilfe ungenutzte Wärmeenergie aus dem Erdreich erschlossen werden könnte. Mit dem Entscheid, zwei Professuren in diesem Fachbereich zu schaffen, bekräftigte die ETH Zürich früher schon ihren Willen, die Energiezukunft der Schweiz mitzugestalten (vgl. ETH Life vom 5.10.2012). Dank einer Donation der Werner Siemens-Stiftung von 10 Millionen Schweizer Franken an die ETH Zürich Foundation kann die ETH Zürich ihre Geothermie-Strategie nun zügig vorantreiben.

«Die sehr grosszügige Donation der Werner Siemens-Stiftung stärkt die ETH Zürich im Bereich der Tiefengeothermie zur richtigen Zeit. Wir müssen nun alles daran setzen, die Grundlagenforschung für diese Form der Erdwärme rasch anzugehen, wenn wir in zehn bis 20 Jahren konkreten Nutzen daraus ziehen wollen», sagt ETH-Präsident Ralph Eichler. Das Berufungsverfahren für die neue Professur für Geoenergie ist bereits angelaufen. Die Professur wird im Departement Erdwissenschaften angesiedelt sein.

Wichtiges Signal

In der Energiestrategie des Bundes haben die Erforschung und die Entwicklung der Geothermie einen festen Platz. Auch Kantone und die Industrie haben ein vitales Interesse an dieser Form der Energiegewinnung. «Wir geben die Initialzündung für zukünftige technologische Durchbrüche in einem Gebiet, das von zentraler Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft werden könnte», beschreibt Ludwig Scheidegger die Motivation der Werner Siemens-Stiftung, diese Professur zu fördern. Scheidegger ist Obmann des Stiftungs-Kuratoriums.

Noch bezieht kein Schweizer Haushalt Strom aus einem Tiefengeothermie-Kraftwerk. Die Energieform gilt allerdings als nahezu unerschöpflich und hat ein riesiges Potenzial. Dieses für die Stromproduktion und die Fernwärmenutzung zu erschliessen, ist aber nach wie vor eine grosse Herausforderung. Forschungsbedarf besteht unter anderem bei der Geologie des Grundgesteins, aus welcher die Wärme gewonnen werden soll. Aber auch technische Probleme wie die Entwicklung entsprechender Bohrtechniken und das künstliche Aufbrechen des Grundgesteins, um Klüfte zu erzeugen, müssen gelöst werden.

Chancen und Risiken ausloten

Vorderhand braucht es vor allem Forschung und Demonstrationsanlagen, um das Potenzial der Tiefengeothermie zu lokalisieren und zuverlässig vorherzusagen. Um den in der Erde schlummernden Energie-Schatz zu heben, sei eine gemeinsame Anstrengung der beteiligten Bundesstellen, der Forschung und der Wirtschaft nötig, findet Ralph Eichler. Die ETH Zürich werde dazu ihren Beitrag leisten, als Lieferantin von Grundlagenwissen, neuer Verfahren und Fachkräften, die es in Zukunft für den Bau und Betrieb solcher Anlagen brauchen wird.

Tiefengeothermie

Bei der Tiefengeothermie werden die hohen Temperaturen ausgenutzt, die in vier bis sechs Kilometern Tiefe im kristallinen Grundgebirge herrschen. Mit einem künstlich geschaffenen Wasserkreislauf wird die Wärme zur Strom- und Wärmeproduktion an die Erdoberfläche gebracht. Dabei wird bis in diese Gesteinsschicht gebohrt und mit hohem Druck eine Klüftung erzeugt, sodass das hinabgeführte Wasser durch das Gestein fliessen kann und sich dabei auf 200 Grad erwärmt. Genutzt werden kann auch Wasser, das bereits im Gestein enthalten ist. Über eine zweite Bohrung wird das erhitzte Wasser zurück an die Erdoberfläche geleitet und zur Strom- und Wärmeproduktion eingesetzt. Ein grosser Vorteil dieser Energieform ist, dass sie regelmässig anfällt und auch regelbar ist. Noch steckt die Technologie dazu in der Schweiz und international in den Kinderschuhen. Eine geothermische Tiefenbohrung in der Stadt Basel musste wegen Erdbeben gestoppt werden. Zurzeit ist ein Versuch bei St. Gallen und in Lavey-les-Bains am Laufen. Das Potenzial für die Erdwärme ist sehr hoch. In der Schweiz wurden im Jahr 2011 über 2500 Gigawattstunden (GWh) geothermische Energie gewonnen. Mehr als drei Viertel davon stammen aus Erdwärmesonden-Anlagen. Aufgrund des hohen Potenzials rechnen Experten damit, dass bis 2030 rund ein Dutzend Tiefengeothermie-Kraftwerke ans Netz gehen und 800 GWh pro Jahr Strom produzieren.