Veröffentlicht: 30.06.11
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Neuer Test für Schlaganfall-Patienten

Im Rahmen der «Rehab Week Zurich» findet die International Conference on Rehabilitation Robotics statt. Dabei werden die neusten Erkenntnisse im Bereich der roboter-unterstützten Rehabilitation präsentiert. Das «Rehabilitation Engineering Lab» der ETH ist gleich mit drei Arbeiten vertreten. ETH Life hat sich ein Projekt genauer angeschaut.

Philippe Neidhart
Olivier Lambercy demonstriert die Funktionen des neuen Tests. (Bild: Philippe Neidhart / ETH Zürich)
Olivier Lambercy demonstriert die Funktionen des neuen Tests. (Bild: Philippe Neidhart / ETH Zürich) (Grossbild)

Ein Schlaganfall führt oftmals zu einem lang anhaltenden Ausfall von Funktionen des Zentralnervensystems. Die betroffenen Personen leiden an motorischen und sensorischen Störungen – die Koordination kleinster Bewegungen wird für sie zur grossen Anstrengung. Die Therapie ist meist langwierig, Fortschritte der Patienten können oft nicht genau aufgezeigt werden. Forscher des «Rehabilitation Engineering Lab» der ETH, kurz RELab, haben sich dieser Problematik angenommen.

Bei ihrem Projekt, das sie zurzeit auf der «Rehab-Week Zurich» (siehe Kasten) vorstellen, geht es darum, den Zustand von Schlaganfallpatienten objektiv zu erfassen. «Die jetzigen Methoden sind sehr subjektiv – die Diagnose hängt meist vom jeweiligen Arzt ab», sagt Roger Gassert vom Institut für Robotik und Intelligente Systeme, Leiter des RELab. Zusammen mit Marie-Christine Fluet und Olivier Lambercy hat er ein Testverfahren weiterentwickelt, das erstmals genaue Daten über den Zustand eines Patienten liefern soll.

Digitalisierung erlaubt Messung

Der Test basiert auf einer Plastikplatte mit einer Schüssel und neun Löchern. In der Schüssel befinden sich kleine Stifte. Ziel ist es nun, die Stifte in die neun Löcher zu stecken. «Dieser Test soll Bewegungen im Alltag simulieren. Es muss etwas gegriffen, bewegt und präzise platziert werden», erklärt Gassert. Bis jetzt konnte man bei einem solchen Test nur die Zeit messen, die der Patient brauchte, um alle Stifte zu platzieren. «Ob die betroffene Person richtig greifen konnte oder ob die Stifte fallen gelassen wurden, konnte bis anhin nicht eruiert werden.»

Die Forscher haben daher ein Programm entwickelt, welches den Test am Computer simuliert. Anhand einer kommerziellen haptischen Schnittstelle werden die Bewegungen des Patientes auf den Rechner übertragen. «Den Stift haben wir durch eine Kugel ersetzt, die einfacher zu greifen ist und in der sich Kraftsensoren befinden», so Gassert. Drückt der Patient die Kugel mit seiner Hand, kann er die Stäbchen im Programm greifen und verschieben.

Jede Bewegung wird erfasst und mithilfe von Algorithmen ausgewertet. «Somit können wir die genauen Bewegungen und die Greifkraft analysieren und innerhalb weniger Minuten die sensomotorischen Defizite des Patienten objektiv erfassen.»

Praktische Anwendung des Testes

Der Test wird derzeit in Zusammenarbeit mit Prof. Andreas Luft klinisch evaluiert und soll schon bald im Unispital und Zentrum für ambulante Rehabilitation (ZAR) in Zürich zum Einsatz kommen. Dabei soll jeder Patient beim ersten Besuch sowie bei Nachfolgebesuchen über mehrere Jahre anhand des Programms erfasst werden. So könne man erkennen, wie sie sich der Betroffene in der Zwischenzeit erholt hat - und damit erstmals längerfristig objektive Daten darüber gewinnen, bei wem welche Therapie Erfolg zeigt.

Rehab Week

Noch bis am 1. Juli findet an der ETH Zürich die «Rehab Week Zurich» statt. International renommierte Spezialisten aus den Bereichen Forschung, Medizin und Industrie befassen sich dabei auf drei Konferenzen interdisziplinär mit dem Thema «Rehabilitation»: Das International Neurorehabilitation Symposium (INRS 2011) legt den Fokus auf neue Technologien und evidenzbasierte Forschung innerhalb der Neurorehabilitation.

Die International Conference on Virtual Rehabilitation (ICVR 2011) findet alle zwei Jahre statt und bietet einen Überblick über die technischen und klinischen Entwicklungen der virtuellen und angereicherten Realität in der Rehabilitation. An der International Conference on Rehabilitation Robotics (ICORR 2011) werden Forschungsresultate im Bereich der roboter-unterstützten Rehabilitation präsentiert. Die ICORR 2011 wurde von Prof. Robert Riener (Sensory-Motor Systems Lab) und Prof. Roger Gassert (RELab) organisiert.

 
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