Veröffentlicht: 17.10.13
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Ein nahrhafter Denkanstoss

Angesichts der weltweiten Ressourcenverknappung wird es immer wichtiger, nachhaltige Lösungen zur Reduzierung und Vermeidung von Nahrungsmittelverschwendung und -verlusten zu suchen. Der Ideenwettbewerb «Our Common Food» unterstützt dieses Bestreben. Unter den 54 Teilnehmenden wurden acht Finalisten ausgewählt, zwei darunter von der ETH Zürich.

Angela Harp
Bootcamp: Die acht Finalisten erhielten Tipps und Anleitung, wie sie ihre Ideen umsetzen könnten. (Bild: Foodways Consulting)
Bootcamp: Die acht Finalisten erhielten Tipps und Anleitung, wie sie ihre Ideen umsetzen könnten. (Bild: Foodways Consulting) (Grossbild)

In Anbetracht der zunehmenden Verknappung der weltweiten Ressourcen ist die Reduzierung und Vermeidung von Verschwendung und Verlusten bei unseren Nahrungsmitteln ein Thema, mit dem sich alle befassen sollten. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen schätzt, dass jährlich rund 1,3 Milliarden Tonnen aller produzierten Lebensmittel als Abfall oder Verlustware enden. Das entspricht einer weltweiten Verschwendung von rund 750 Milliarden US-Dollar pro Jahr – soviel wie das Bruttoinlandsprodukt der Türkei! Allein in der Schweiz landen jedes Jahr 2 Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfall, was wiederum dem CO2-Ausstoss von 1,5 Millionen Fahrzeugen (36 Prozent aller Fahrzeuge im Land) entspricht. Gleichzeitig sind weltweit rund 870 Millionen Menschen unterernährt – 90 Prozent von ihnen leben in Entwicklungsländern.

So entstand die Idee eines Welternährungstages. Falls Sie sich fragen, was es mit diesem Tag auf sich hat: Er ist sicherlich kein Anlass, um auszugehen und sämtliche Lieblingsgerichte auf einmal zu verspeisen – ganz im Gegenteil. Der Welternährungstag wurde von der FAO im Jahr 1979 ins Leben gerufen und wird jedes Jahr am 16. Oktober durchgeführt, dem Gründungstag der Organisation im Jahr 1945. Besonders an diesem Tag sind wir alle dazu aufgerufen, unsere Köpfe zusammenzustecken, um effiziente und nachhaltige Lösungen für den sorgsamen Umgang mit Nahrungsmitteln und für die Lebensmittelsicherheit zu finden und das Bewusstsein für Welthunger, Unterernährung und Armut rund um den Globus zu steigern.

Die ETH wetteifert für einen guten Zweck

Sorge tragen zu den Lebensmitteln, sowie der Lebensmittelsicherheit, -produktion und -verarbeitung höchste Aufmerksamkeit widmen: Genau diese Kernthemen standen im Mittelpunkt der Projektideen, welche die drei Finalistinnen Coraline Praz, Anna Beerli und Ima Mulyama Zainuddin von der ETH Zürich für den «Our Common Food» Wettbewerb eingereicht hatten. Der Wettbewerb war vom Schweizer FAO-Komitee unter der Trägerschaft des Bundesamtes für Landwirtschaft und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) organisiert worden. Die Preisverleihung wurde von der ETH Zürich unterstützt, die am Projekt beteiligt ist.

Die Wettbewerbsteilnehmenden aus der Schweiz und dem Ausland hatten den Auftrag, ein inspirierendes Konzept für ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Kampagne zu entwickeln, welche den Verlust oder die Verschwendung von Lebensmitteln innerhalb der Versorgungskette reduzieren. Dabei sollten entweder die Lebensmittelverschwendung in der Schweiz oder die Verluste von Lebensmitteln nach der Ernte in Entwicklungsländern im Fokus stehen. Die Jury hatte eine schwierige Aufgabe, denn es wurden 54 Projektideen aus 14 Ländern eingereicht. Die Kreativität der Teilnehmenden war derart überwältigend, dass die Jury insgesamt acht statt sechs Finalisten auswählte.

«Die Idee eines Wettbewerbs hat uns gefallen», sagt ETH-Finalistin Anna Beerli, Master-Studierende der Agrar- und Ressourcenökonomie. «Dieses Thema ist immens wichtig für unsere Gesellschaft. Denken wir nur einmal darüber nach: Die Verschwendung von Nahrungsmitteln betrifft unser tägliches Leben und kann proaktiv von uns allen verbessert werden.»

In partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit Coraline Praz, Master-Studierende der Agrarpflanzenwissenschaften, reichte Beerli die gemeinsame Projektidee «Rest-Au-Rad» für die Wettbewerbskategorie Lebensmittelverschwendung ein. Die Idee hinter «Rest-Au-Rad» ist die Einführung eines Fahrradkurier-Lieferdienstes in Zürich, der überschüssige, frische Lebensmittel von Catering-Unternehmen, Restaurants und Bäckereien einsammelt und diese den Endverbrauchern zu einem geringen Unkostenbeitrag oder gratis abgibt. «Die Idee kam uns, als wir an einer Veranstaltung im Sommer eine Unmenge unberührter Speisen auf dem Buffet zurückbleiben sahen. Da wir danach gleich an eine zweite Veranstaltung gehen wollten, fragten wir die Verantwortlichen, ob wir die überzähligen Speisen mitnehmen dürften. Sie befürworteten diese Idee», erläutert Praz.

Ima Mulyama Zainuddin, ETH-Doktorierende der Pflanzenbiotechnologie, reichte eine Projektidee für die Wettbewerbskategorie Nachernteverluste ein. «Dass die Pflanze nach der Ernte rasch verdirbt, ist einer der Hauptgründe für ihre beschränkte wirtschaftliche und industrielle Nutzung», erläutert Zainuddin. «Verwendet man natürliche Ascorbinsäure wie Vitamin C, um die Haltbarkeit zu verlängern, lässt sich die Maniok-Verlustquote nach der Ernte drastisch reduzieren.» Diese neue Methode könnte in Zainuddins Heimatland Indonesien zur Anwendung kommen und würde sich dort sofort positiv für die Maniok-Produzenten und verarbeitenden Betriebe bemerkbar machen.

Und das Siegerprojekt heisst…

Die Preisverleihung fand am 15. Oktober, einen Tag vor dem Welternährungstag, statt. Unter den Hauptreferenten waren der DEZA-Generaldirektor Martin Dahinden, Fritz Schneider, Präsident der schweizerischen nationalen Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation und der Technische Direktor der Bühler-Gruppe Ian Roberts, die den Teilnehmenden gratulierten und das Wort ergriffen zur «Our Common Food» Initiative, die hinter dem Ideenwettbewerb steht. Die Hauptbotschaft war klar und deutlich: Das Problem, dem Verlust und der Verschwendung von Lebensmitteln Einhalt zu gebieten, ist zu gross, um von einer einzelnen Institution oder Organisation gelöst zu werden. Zusammenarbeit, Bewusstseinsbildung und Aufklärung sind gefordert.

Einen riesigen Applaus ernteten die beiden Siegerprojekte: «Cloud Kitchen» ist eine App, die es den Anwendern ermöglicht, beim Einkaufen den aktuellen Inhalt von Kühl- und Vorratsschrank abzurufen und somit eine Lebensmittelverschwendung dank Bewusstseinsförderung präventiv verhindert. «A village-based grain bank» ist ein einfaches Geschäftsmodell, das kenianischen Kleinbauern Dienstleistungen im Bereich des Handels und der Lagerung von hochwertigem Saatgut bietet. Beide Siegerprojekte wurden mit 10’000 Schweiyer Franken honoriert, die in ihre Weiterentwicklung fliessen werden.

Die Projektidee «Rest-Au-Rad» erhielt den Publikumspreis und wurde mit 3’000 Franken honoriert.