Veröffentlicht: 21.07.11
Science

Katalysatoren für alle Grössenbereiche

Die Kreativität, die in der Chemie steckt, hat Jeroen van Bokhoven schon immer am meisten fasziniert. Der ETH-Professor sieht sein Forschungsgebiet der Heterogenen Katalyse vor allem im Dienst einer nachhaltigen Gesellschaft.

Peter Rüegg
Jeroen van Bokhoven, Professor für Heterogene Katalyse am D-CHAB. (Bild: Giulia Marthaler / ETH Zürich)
Jeroen van Bokhoven, Professor für Heterogene Katalyse am D-CHAB. (Bild: Giulia Marthaler / ETH Zürich) (Grossbild)

Was betrachten Sie als grösste Errungenschaft oder wichtigste Entdeckung der Chemie?
Die grössten wissenschaftlichen Entdeckungen werden oft in den Grenzbereichen zwischen den einzelnen Disziplinen gemacht. Für mich ist die Aufklärung der DNA-Struktur einer der wichtigsten wissenschaftlichen Durchbrüche. Dies hatte immense Auswirkungen auf die Biologie, die Chemie und die medizinische Forschung, obschon die Strukturaufklärung aufgrund einer physikalischen Methode möglich wurde. Darüber hinaus ist die Fähigkeit, Strukturen (beinahe) rational chemisch zu verändern und damit ihre Funktion zu steuern, etwas, das in vielen Wissenschaftsbereichen auch ausserhalb der DNA-Forschung praktiziert wird.

Wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Forschung und welche Aspekte davon sind im täglichen Leben sichtbar oder einsetzbar?
Mit meinem Forschungsschwerpunkt möchte ich Einsichten vermitteln, wie ein heterogener Katalysator funktioniert, und auf diese Weise neue Katalysatoren und katalytische Verfahren entwickeln. Solche Entwicklungen stehen im direkten Zusammenhang mit dem Aufbau einer nachhaltigen Gesellschaft, denn bei mehr als 80 Prozent aller Produkte werden während der Herstellung an irgendeinem Punkt Katalysatoren verwendet. Auch bei der Umwandlung, Speicherung und beim Einsatz von Energie ist die Verwendung von Katalysatoren weitverbreitet.

Was hat Sie an der Chemie besonders (oder am meisten) fasziniert?
Ich habe mich immer für die Naturwissenschaften als Ganzes interessiert, aber die Chemie hat mich von all diesen Bereichen am meisten fasziniert, weil sie so ungemein kreativ ist. Die Chemie ist unser Werkzeug, um Materie zu schaffen und so Funktionen zu steuern.

Wie wird sich Ihr Forschungsbereich weiterentwickeln? Wo liegen die Potenziale?
Die zwei wesentlichen Aufgaben von heterogenen Katalysatoren liegen erstens darin, den Umstieg von fossilen Brenn- und Einsatzstoffen für die Energiegewinnung und die chemische Produktion auf nachhaltige Quellen zu vollziehen und zweitens, umweltschädliche Emissionen zu vermeiden. Dazu müssen neue Katalysatoren und Verfahren entwickelt werden. Der Forschungsbereich strebt daher in zwei Richtungen: Erstens möchte man die Struktur in allen räumlichen Grössenbereichen kontrollieren können – von der atomaren Ebene bis hin zu grossen industriellen Reaktoren. Besonders aus der Synthese von definierten Strukturen auf atomarer Ebene werden sich neue katalytische Möglichkeiten ergeben, von denen wir heute nur träumen können. Die zweite Stossrichtung liegt in der Ausweitung des Instrumentariums, um die exakte Struktur von funktionstüchtigen Katalysatoren zu bestimmen und so Hinweise zu erhalten, welche Strukturen synthetisiert werden sollen. Das Instrumentarium reicht dabei von der Entwicklung neuer laborbasierter Geräte bis hin zu Grossanlagen; durch diese Kombination wird eine Strukturbestimmung in allen Grössenbereichen möglich.

Welchen chemischen Begriff sollte bis zum Ende des Internationalen Jahrs der Chemie jeder kennen und warum?
Den Begriff Element: Elemente aus dem Periodensystem von Mendelejew sind die Bausteine der Chemie; sie kontrollieren jede Materie, Funktion und damit letztlich das Leben.

 
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