Veröffentlicht: 30.03.12
Campus

Zündende Ideen ausgezeichnet

Der «Spark Award» 2012 der ETH Zürich geht an drei ETH-Forschende, die einen viel versprechenden Ansatz zur Behandlung von Diabetes Typ 2 verfolgen. Eine Jury wählte aus fünf Finalisten aus und ehrte mit dem neusten ETH-Preis die Erfindung des Jahres 2011.

Roman Klingler
Christian Wolfrum nahm Zertifikat und Spark-Award entgegen, stellvertretend für die zwei weiteren Preisträger in absentia: Bettina Meissburger und Erick Carreira. (Bild: Tom Kawara / ETH Zürich)
Christian Wolfrum nahm Zertifikat und Spark-Award entgegen, stellvertretend für die zwei weiteren Preisträger in absentia: Bettina Meissburger und Erick Carreira. (Bild: Tom Kawara / ETH Zürich) (Grossbild)

In Anlehnung an die vielen sprühenden oder eben zündenden Ideen, die in den Köpfen von ETH-Forschenden entstehen, heisst der neue Preis neudeutsch «Sparkling Award». ETH-Präsident Ralph Eichler nahm das Wortspiel in seiner Begrüssung auf, indem er betonte, dass vom neuen Spark Award, im Unterschied zum kohlensäurehaltigen «Sparkling Water» oder zum alkoholhaltigen «Sparkling Wine», bisher keine negativen Nebenwirkungen bekannt seien, und der Preis weder Blähungen verursache noch zu einem Kater führen könne.

Die Initiative für einen neuen Preis war bei ETH transfer, der Technologietransferstelle der ETH, entstanden. Der Preis soll die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der ETH ermutigen, sich frühzeitig Gedanken zu machen über eine mögliche Verwertung ihrer Forschungsresultate. Heute entspringen der ETH-Forschung jährlich zwischen 100 und 130 Erfindungen, davon wählen die Technologiespezialistinnen und –spezialisten von ETH transfer zwischen 50 und 60 viel versprechende Ideen aus und melden sie für ein Patent an.

Zwischen der zündenden Idee und einem Produkt am Ende der Wertschöpfungskette liegen oft Jahre, weiss Silvio Bonaccio, Leiter von ETH transfer. Die kommerzielle Verwertung eines Forschungsresultats sei immer risikobehaftet, für die Hochschule bedeute es gewisse finanzielle Vorleistungen und den Forschenden fordere der Prozess viel Schweissarbeit ab.

Erfindung im Kampf gegen Diabetes Typ 2

Von den rund 60 eingereichten Patentanträgen des vergangenen Jahres traf ETH transfer eine erste Auswahl von 20 Erfindungen. Schliesslich übergab man fünf viel versprechende Erfindungen der Beurteilung durch eine Jury. Diese bestand aus sieben Mitgliedern, drei aus der ETH und vier von ausserhalb der ETH. Die Jury traf ihre Wahl anhand von drei Kriterien: Originalität, Stärke des Patentschutzes und kommerzielles Potential. Das Rennen um die Erfindung des Jahres machte schliesslich eine Idee, die in der Gruppe von Christian Wolfrum, Professor für Fettleibigkeitsforschung, entwickelt wurde.

Christian Wolfrum konnte den Preis gestern Abend in der Semper-Aula entgegennehmen - stellvertretend für die zwei anderen Preisträger, Bettina Meissburger und Erick Carreira, Professor für Organische Chemie, die beide verhindert waren. Das Trio geht neue Wege in der Behandlung von Diabetes Typ 2, indem es eine Substanz identifiziert hat, welche die Fettzelldifferenzierung von fettleibigen Menschen beeinflusst. Übergewicht ist ein bekannter Risikofaktor für die Diabetes-Krankheit vom Typ 2.

Fettleibige Menschen mit grossen Fettzellen haben ein besonders hohes Risiko, an Diabetes zu erkranken, während Fettleibige mit vielen kleinen Fettzellen weniger Gefahr laufen, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Die Substanz hat das Potential, Insulin-resistente grosse Fettzellen in kleine Fettzellen umzuwandeln. Am Ende des langen Weges von der Idee bis zum fertigen Produkt könnte dereinst ein neues Medikament stehen. Auch den andern vier Finalisten beschied die Jury, dass ihre Erfindungen ein hohes Potential haben für eine erfolgreiche Produkteentwicklung.

Betrachtungen des Swatch-Chefs

Die Aussensicht eines erfolgreichen Unternehmers zum Thema Innovation steuerte Nick Hayek bei, der Konzernchef der Swatch-Gruppe. In seiner Ansprache plädierte er für das enge Zusammenspiel von Forschung und Entwicklung einerseits und der Produktion anderseits. Mit der Verlagerung der Produktion an billigere Standorte tue man sich aus Unternehmersicht keinen Gefallen, denn es brauche die Interaktion zwischen denen, die ein Produkt entwickeln und denen, die ein solches auf den Markt bringen.

Mit Blick auf das Thema des Abends zitierte Nick Hayek abermals seinen Vater, der bis zu seinem Tod vor zwei Jahren die Geschicke des Konzerns lenkte und immer wieder betont habe, wie wichtig es sei, sich seine kindliche Neugierde zu bewahren, um Neues zu schaffen. Jede Idee und Erfindung berge das Risiko des Scheiterns in sich, so Hayek, doch müsste das Scheitern des Erfinders und Unternehmers ein verfassungsmässig verbrieftes Recht sein.

Die Finalisten und ihre Erfindungen
Abgesehen von den Preisträgern um Christian Wolfrum qualifizierten sich folgende Akteure und Ideen für den Spark-Award:
- Neue Substanz zur Bekämpfung einer typischen Spitalinfektion, ausgelöst durch das Darm-Bakterium «Clostridium difficile». Die entwickelte Substanz verhindert das Eindringen des Gifts in die Dickdarm-Zellen, indem sie das Toxin bereits vorher unschädlich macht (Gruppe von Professor Jean-Christophe Leroux).
- Neues Gerät, das die Abfüllung von radioaktiven oder umweltgefährlichen Flüssigkeiten automatisiert und die Gefahr der Kontamination von Personen und Umwelt signifikant reduziert (Gruppe von Professor Roger Schibli).
- Gel-artiges Material, das nach Schokolade schmeckt, aber nicht wie Schokolade schon bei 30 Grad schmilzt und Flecken auf Kleidern hinterlässt. Interessant für die Produktion von Konfekten und Süsswaren (Gruppe von Professor Erich Windhab).
- Neues Verfahren, das rechts- und linksdrehende Amine trennen kann und so in Prozessen der Pharmaindustrie eingesetzt werden könnte (Gruppe von Professor Jeffrey Bode).

 
Leserkommentare: