Veröffentlicht: 02.04.13
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Neue Einblicke in das Leben von Karl Schmid

Eine neue Biografie beleuchtet das Leben des ehemaligen Rektors der ETH Zürich und Literaturwissenschaftlers Karl Schmid. Mit der Herausgabe des Buches findet die am Archiv für Zeitgeschichte der ETH beheimatete Karl-Schmid-Stiftung einen würdigen Abschluss.

Claudia Naegeli
Karl Schmid war zwischen 1953 und 1957 Rektor der ETH Zürich (Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv).
Karl Schmid war zwischen 1953 und 1957 Rektor der ETH Zürich (Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv). (Grossbild)

Er war Germanist und Historiker, Professor und ETH-Rektor, Militärstratege und Bildungsreformer und nicht zuletzt Oberst im Generalstab der Schweizer Armee. Der 1974 verstorbene Karl Schmid gehörte zu den grossen Intellektuellen der Schweiz des 20. Jahrhunderts und war Zeit seines Lebens ein engagierter Bürger, der sich intensiv mit der Kultur und Mentalität der Schweiz und ihrem Verhältnis zum Ausland befasste. Als Generalstabsoberst präsidierte Schmid die Studienkommission für strategische Fragen, deren Bericht von 1969 die Grundlage der modernen Schweizer Sicherheitspolitik bildete. Als sein literaturwissenschaftliches Hauptwerk gilt das 1963 erschienene Buch «Unbehagen im Kleinstaat», in dem Schmid die Schwierigkeiten und Nöte von fünf Schweizer Autoren – unter ihnen Max Frisch und Conrad Ferdinand Meyer – mit ihrem Herkunftsland beschrieb.

Persönliche Einblicke in das Leben von Karl Schmid

50 Jahre später bietet nun eine neue Biografie mit dem Titel «Karl Schmid – Ein Schweizer Citoyen» umfassenden und sehr persönlichen Einblick in das Leben von Karl Schmid. Der Biograph Thomas Sprecher beschreibt darin Karl Schmids behütete Kindheit in Wollishofen, wie er später am Gymnasium lauter Sechser schreibt und wie er sich schweren Herzens für ein Studium der Literatur und gegen die Medizin entscheidet. Schmid studierte in Zürich und Berlin, machte Karriere im Militär und stieg zum Professor und Rektor der ETH Zürich auf.

Die Biografie erzählt diese Geschichte mit vielen Zitaten aus Manuskripten, Briefen, Publikationen und Dokumenten aus seinem öffentlichen Wirken und lässt den Leser teilhaben am damaligen Zeitgeschehen. Es sind dies die Vor- und Nachkriegszeit des zweiten Weltkriegs, die Jahre des Kalten Krieges und schliesslich die 1968er-Jahre, welche die innenpolitische Ordnung auf den Kopf zu stellen drohten. Biograph Thomas Sprecher beschreibt Karl Schmid in seiner «üblichen Vaterrolle» als irritiert. «Vieles läuft während dieser Transformation von ihm weg, und von vielem löst er sich selbst. Es gibt, das heisst: es gilt nichts Bürgerlich-Bedeutsames mehr anzustreben, die Karrieren sind gemacht, das Erreichte verbleicht, der Abschied beginnt», schreibt Sprecher.

Gedanken von erstaunlicher Aktualität

Mit dem Erscheinen der Biographie wird die an der ETH Zürich angesiedelte Karl-Schmid-Stiftung aufgelöst. 1992 wurde sie von alt-Regierungsrat Hans Künzi ins Leben gerufen, um Schmids wissenschaftliches und publizistisches Werk neu herauszugeben und es so für die Nachwelt zu erschliessen. «Heute, fast 30 Jahre nach seinem Tod, sind die Gedanken und Worte von Karl Schmid zu wichtigen staatspolitischen Fragen von erstaunlicher Aktualität, so etwa seine Darstellung des Verhältnisses der Schweiz zu Europa, seine Gedanken zur Souveränität der Schweiz sowie zum Verhältnis von Wissenschaft und Praxis», schreibt Annemarie Huber-Hotz, alt-Bundeskanzlerin und Präsidentin der Karl-Schmid-Stiftung im Vorwort der Biographie.

Die Karl-Schmid-Stiftung hat in den letzten 20 Jahren den Nachlass von Karl Schmid im Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich überarbeitet. Neben kleineren Publikationen hat sie eine sechsbändige Werkedition sowie zwei Briefbände herausgegeben und zahlreiche Symposien veranstaltet. Dreimal hat die Stiftung zudem den Karl Schmid-Preis verliehen und Karl Schmid-Vorlesungen organisiert. Die Referenten der Vorlesung waren der Schriftsteller Thomas Hürlimann, IKRK-Präsident Jakob Kellenberger und der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.

Abschlusstagung der Karl-Schmid-Stiftung

Am Mittwoch, 3. April, findet ab 16.00 Uhr im Hörsaal E5 des ETH-Hauptgebäudes die Abschlusstagung der Karl-Schmid-Stiftung und die Buchvernissage statt. Zu den Referentinnen und Referenten gehören alt-Bundeskanzlerin und Stiftungspräsidentin Annemarie Huber-Hotz, der Schriftsteller Peter von Matt, der Philosoph Georg Kohler und Thomas Sprecher als Autor der Biografie von Karl Schmid. Der Anlass ist öffentlich. Weitere Informationen sind online unter: http://www.afz.ethz.ch/afz/Flyer_Karl-Schmid-Stiftung.pdf.

Das Buch: Thomas Sprecher, Karl Schmid (1907–1974) – ein Schweizer Citoyen, erschienen im NZZ Libro-Verlag, Seitenanzahl: 640, CHF 48.00, ISBN: 978-3-03823-827-0

 
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